Als Kind hatte Gavin Munro einmal einen riesigen Bonsai gesehen, der aussah wie ein Thron. Und der ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Stattdessen reifte darin die Idee, Bäume zu Möbeln wachsen zu lassen. Nach rund 20 Jahren – einem Abschluss in Möbeldesign, einer Tischlerausbildung und vielen Experimenten – war es endlich soweit.

2005 gründete Gavin sein Unternehmen „Full Grown“, kaufte ein Feld in Derby, mitten in England, und bepflanzte es mit rund 30 Bäumen, aus denen er Stühle ziehen wollte. Zwei Tage später brachen auf der Nachbarfarm die Kühe aus und trampelten alles nieder. Also von vorn. Und eine Nummer größer.

Gavin kaufte 2008 ein größeres Feld und bepflanzte es diesmal mit 3000 Bäumen. Würde die nächste Kuhhorde kommen, sollte bei dieser Menge zumindest ein Teil überleben. Zum Glück kam sie nicht und Gavin konnte sich ans Werk machen. Und lernen.

Zum Beispiel, dass man Bäume zu nichts zwingen kann: Zweige sterben oft ab, wenn sie in eine Richtung gebogen werden, in die sie nicht wollen, dafür wachsen neue an anderer Stelle. Also setzte er auf die Bäume Plastikrahmen (inzwischen Metallrahmen) in Stuhlform, lenkte die Zweige vorsichtig um, sodass sie um diesen herum wuchsen, und pfropfte die Austriebe zusammen, sobald die Stuhlform zwar schon vorhanden, aber die Bäume noch nicht komplett ausgewachsen waren.

Die Erfolgszutaten von Gavin Munro, englischer Möbeldesigner in Derby: Die Vision, das Können – und ganz viel Geduld
Gavins Erfolgszutaten: Die Vision, das Können – und ganz viel Geduld

So klappte es. Was dann noch fehlte: Geduld. Vier Jahre dauerte es, bis Gavin die ersten Stuhlprotypen ernten konnte.

Inzwischen arbeiten er und sein Team an der dritten Generation: In ein bis zwei Jahren steht endlich die nächste Ernte an. Das lange Warten hat übrigens einen großen Vorteil: Genug Zeit, um neue Ideen zu entwickeln und mit anderen Baumarten zu experimentieren. Mittlerweile verkauft „Full Grown“ auch Lampen und Tische. Bänke sind in Planung, die Baumsorte „London Planetree“ ist im Testlauf. Gerade keimt außerdem die Idee für ein Haus. Das wäre doch mal ein Baumhaus der ganz anderen Art.

Text: Esther Acason | Foto: Full Grown