Der nach den Sternen greift
Alain Maury hat eine Mission. Mitten in der Atacama-Wüste in Chile baut er das größte private Teleskop der südlichen Hemisphäre. Das Herzstück: der 120 Kilo schwere Spiegel aus einem Spionagesatelliten. Woher er das kann, was ihn antreibt und wie er das Mammutprojekt finanziert, erzählt er im Interview.
Bitte nicht falsch verstehen: Die Kollegen in den großen Observatorien machen eine fantastische Arbeit. Aber sie haben einfach keine Zeit für ihre eigene Forschung, müssen den ganzen Tag Anträge ausfüllen, Berichte schreiben oder an irgendwelchen Meetings teilnehmen. Dazu noch dieser Schichtdienst – eine Woche eingepfercht in einer Station hoch oben auf den Bergen. Für Freigeister wie mich ist das nichts. Ich möchte lieber mein eigenes Ding machen und alles selbst: Optik, Mechanik, Elektronik, Programmierung…
Alain Maury
Bei Amateurastronomen ist es fast schon Tradition, sein eigenes Teleskop zu bauen. Als ich mit 17 Jahren damit anfing, gab es natürlich noch nicht so viele Bücher und die vielen gut zugänglichen Informationen aus dem Internet. Das Grundprinzip ist immer gleich: Ein großer Hauptspiegel am Ende der Röhre wirft das einfallende Licht zurück auf einen Fangspiegel. Der wiederum lenkt den Lichtstrahl in das Okular. Und nach mehr als zwanzig selbst gebauten Modellen kenne ich so ziemlich jede Tücke.
Genau aus diesem Grund. Fast nirgendwo auf diesem Planeten ist die Luft so trocken, so klar, so sauber wie am Fuß der Anden. Dass Wolken den Blick auf die Sterne versperren, ist selten. Im Jahr 2013 hatten wir 345 klare Nächte im Jahr. Vor allem aber gibt es so gut wie keine Lichtverschmutzung durch Laternen, Leuchtreklamen und Autoscheinwerfer, die das Firmament überstrahlen. Für Astronomen gibt es kaum einen besseren Ort.
Meine Kinder, die in Frankreich leben, sind weit weg, das stimmt. Aber wir besuchen uns zweimal im Jahr. Und ich habe ja meine Frau hier bei mir.
Abwarten. Im Sommer setzen wir es in Santiago zusammen, transportieren es hier in die Wüste und bringen es zum Laufen. Dann werde ich das Teleskop wohl für meine Touren nutzen – und ansonsten auf Automatik stellen. Es gibt noch so viel zu entdecken da draußen! Außerdem hab ich noch einen noch größeren Spiegel: Anderthalb Meter im Durchmesser, 800 Kilogramm schwer. Aber das ist ein Projekt für meinen Ruhestand…
Text: Laslo Seyda | Fotos: Niklas Marc Heinecke