Der Schleiferkarren
Was macht man, wenn man als Scherenschleifer keinen kompakten Schleiferkarren findet, den man bequem mit auf die engen Mittelaltermärkte nehmen kann? Man baut sich einen.
Das Werk
Ein mobiler Schleiferkarren, ca. 2 Meter lang, inklusive Sonnenschirm 2,3 Meter hoch, 1 Meter breit. Mit einem Fußpedal, um das Schwungrad für den Schleifstein in Bewegung zu setzen. Eine einzigartige Bauweise, die es in Frankreich schon vor rund 100 Jahren in ähnlicher Form gab. Mit seinem Schleiferkarren fährt Klaus Langenscheid zu Mittelaltermärkten und macht Stumpfes wieder scharf. Ob Messer oder Scheren: Von Klaus gibt’s den Feinschliff.
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Der Macher und seine Motivation
Klaus Langenscheid, 65 Jahre alt, aus Scheinfeld in Bayern. Schon während seiner Ausbildung zum Elektriker merkte er, dass er Spaß am Schleifen von Kabelmessern, Scheren und Sägeblättern hatte. Doch auch das Gärtnern lag ihm – und so sattelte er nach einigen Jahren als Elektriker zum Gärtner im eigenen Gemüse-Selbstversorgungsgarten um. In seiner Freizeit war er viel auf Mittelaltermärkten unterwegs. Dort ging ihm dann ein Licht auf: Er entdeckte in den 90er-Jahren seine Leidenschaft als Scherenschleifer. Als er eine fußbetriebene Drechselbank geschenkt bekam, funktionierte er sie kurzerhand zur Schleifmaschine um – und machte sein Hobby 1997 zum Nebenjob.
Das Problem: Seine Schleifmaschine hatte zu viele Einzelteile, das machte den Auf- und Abbau auf den Märkten zeitaufwendig und die Gefahr groß, dass er mal ein Bauteil vergaß. Plus: Der Platz zum Verkauf von Messern und Scheren war auf den Märkten oft zu klein. Die Lösung: Ein besserer Schleiferkarren musste her.
Ich habe schon als Elektriker-Lehrling Kabelmesser, Scheren und Sägeblätter geschliffen – und wenige Jahre später bin ich Scherenschleifer geworden"
Klaus Langenscheid
Die Umsetzung
Ausgeklügelte Skizzen und Baupläne? Brauchte Klaus nicht. Nur eine Inspiration – das Bild eines Schleiferkarrens, das er in einem alten Kinderbuch gesehen hatte –, dann begann er mit dem Bau. Kaufte sich einen alten hölzernen Sackkarren und das Vorderteil eines alten Holzwagens mit Kurbelbremse, der früher mal von Ziegenböcken gezogen worden war. Vom Sackkarren verwendete er nur die aufsteckbaren Griffe, baute am Vorderteil des Holzwagensdrei Stützen an, eine zum Ausklappen, zwei mit höhenverstellbaren Holzgewindeschrauben. Das war perfekt, um den Stand jederzeit dem Gelände vor Ort anpassen zu können.
Dann suchte er sich einen Schleifbock mit Welle. Die Welle, die drehende Achse, baute er so um, dass er eine Antriebsscheibe in die Mitte und zwei Schleifscheiben außen einsetzen konnte. Dann suchte er nach einem gusseisernen Schwungrad, fand es in einer alten Drechselbank, baute es vorn an den Karren und verband es mit dem Fußpedal. Das war geschafft, die Mechanik funktionierte schon mal. Jetzt konnte Klaus die Arbeitstischhöhe und die Breite des Schleiferkarrens anpassen. Schließlich sollte man den Karren platzsparend transportieren und mit wenigen Handgriffen auseinanderbauen können.
Das Gerüst stand, jetzt fehlte noch das Wichtigste: die Schleifinstrumente. Klaus besorgte sich einen Sandstein – der ist besonders abriebfest und kann bis zu fünf Jahre genutzt werden – und eine Abziehscheibe aus Polycarbonat. Setzte alles ein. Passte. Fertig? Fast. Viele Mittelaltermärkte finden draußen statt. Damit die Sonne im Sommer nicht so knallte, baute er sich einen großen Sonnenschirm. Nutzte seine fußbetriebene Drechselbank, um das Holzgerüst für den Schirm zu bauen. Den Stoff nähte er mit einer alten Nähmaschine. Klaus war zufrieden. Doch eines fehlte noch: ein Stück Leder mit der Aufschrift „Scherenschleifer schärft Messer und Scheren ab 2 ½ Euro/Silberlinge“. Hängte es an seinen Stand und war stolz. Ist er auch heute noch, rund 19 Jahre später. Abgesehen vom Antriebsriemen, der bei extremer Trockenheit im Sommer doch ab und an mal abspringt, läuft immer noch alles rund.
Der Preis
Geschätzte Materialkosten: ca. 350 Euro. Nicht inbegriffen: der Holzgewindeschneider, den einer von Klaus’ Söhnen extra für den Schleiferkarren angefertigt hat. Arbeitszeit für den Bau: ein kompletter Winter. Ideen für neue Projekte hat Klaus auch: einen Kachelofen mit Schwerkraftanlage, der ohne Pumpe zur Heißwassernutzung funktioniert. Langweilig wird es ihm also auf keinen Fall.
Text: Esther Acason | Fotos: Klaus Langenscheid