Die eigene Sternwarte
Gut gestapelt hat Kay-Michael bei seiner Scheune: Auf das Dach baut er einen Turm mit Kuppel. Damit er und seine Frau die Sterne sehen können.
Der Wunsch von Kay-Michael Thonacks Frau: eine Terrasse auf dem Scheunendach. Kay-Michael überlegte. Warum nicht eine Nummer größer? Eine eigene Sternwarte? Die Sterne hatten ihn und seine Frau schon immer fasziniert.
Die Planung
Der heute 56-Jährige recherchierte und entschied, da müssen Fachleute mit ran, ganz allein wird das nichts. Zwar hatte der Gymnasiallehrer für Physik, Wirtschaft, Arbeit, Technik und Wirtschaftswissenschaften viel Bauerfahrung gesammelt – in seiner Kindheit hatte er Modelle gebaut, später eine Ausbildung zum Zerspanungstechniker gemacht, dann Polytechnik studiert – doch die Arbeit in luftiger Höhe? Zu riskant. Kay-Michael fragte Architekturbüros an. Ohne Erfolg.
Das handwerkliche Arbeiten lag mir schon immer. Aber eine eigene Sternwarte? Ganz andere Hausnummer.“
Kay-Michael Thonack
Zwei Jahre später geht’s endlich voran. Ein Architekt übernimmt, zeichnet einen Plan – ein Holzturm auf dem Dach soll die Basis bilden, darauf eine Kuppel gesetzt werden –, besorgt die Baugenehmigung. Kay lässt berechnen, wie die Holzbalken des Turms statisch verbaut sein müssen, damit die Kuppel stabil ist: Bei Wind und Wetter oder wenn mehrere Personen zugleich den Blick in die Sterne genießen. Ein Dachdecker legt das Dach frei, ein Zimmerer schneidet das Holz zu und baut die Turmkonstruktion, Grundfläche 2,50 x 2,50 Meter, Höhe 3,10 Meter. Kay-Michael bestellt währenddessen die Kuppel aus GFK, glasfaserverstärktem Kunststoff. Bis die aus England geliefert wird, werden noch Wochen vergehen.
In den vorhandenen Dachstuhl der Scheune baut Kay-Michael einen zusätzlichen Eckpfeiler ein, 20 x 20 Zentimeter, und versieht ihn mit Kopfbändern, um die Konstruktion zu stabilisieren. Mithilfe eines Krans wird der Turm in die Dachöffnung gehoben und auf den Eckpfeilern verankert. Fehlt noch die Kuppel. Kay-Michael holt sie von der niederländischen Grenze ab. Zerlegt in neun Einzelteile. Zu Hause angekommen, merkt er, dass bei der in England gefertigten Kuppel die deutschen Schraubenschlüssel nicht auf die englischen Schrauben passen. Macht nichts. Kriegt er auch alleine hin. Er schleift einfach die Schrauben ab, dann passt auch sein Schlüssel. Damit die runde Kuppel auf den eckigen Turm passt, baut er eine Abdeckplatte aus Siebdruckplatten zusammen, verkleidet sie mit Zinkblech, damit sie witterungsbeständig ist. Der lang ersehnte Moment: als der Kran sie auf den Turm hebt und befestigt werden kann. Dann noch die Außenverkleidung am Turm anbringen und das Dach wieder decken. Da sind die Fachmänner wieder an der Reihe.
Der Weg nach oben
Kay-Michael kann jetzt vom Boden der Scheune bis ganz nach oben in die Kuppel schauen. Aber nicht oben stehen. Es fehlen noch zwei Zwischendecken, eine am Ansatz des Turms, eine knapp unter der Kuppel. Kay-Michael zieht sie ein und verkleidet die Wände.
Aber wie kommt man vom Boden der Scheune zur Kuppel? Mit dem Bauaufzug, gesichert in einem Drahtkorb, erreicht man die erste Ebene des Turms. Kay-Michael baut hier eine Klappe ein. Durchklettern, schließen, und weiter geht es über eine einklappbare Leiter in den Kuppelraum. Kay-Michael verlegt Strom für Teleskop und Licht, lässt es vom Elektriker abnehmen und bringt mehrere Rauchmelder an. Das war’s.
Rund sechs Monate nach Baubeginn steht alles. Kay-Michael und seine Frau warten gespannt, bis es draußen dunkel ist. Schieben die Kuppel auf, stellen das Teleskop ein. Das lange Warten, die harte Arbeit? Sofort vergessen. Hier gibt es nur noch den Sternenhimmel.
Kay-Michaels Sternwarte in Zahlen:
- Planungszeit: rund zwei Jahre
- Bauzeit: rund ein halbes Jahr
- Gesamtkosten: rund 20.000 Euro
- Kosten für die Kuppel: 3.200 Euro
- Höhe der Scheune: 9,50 Meter
- Gesamthöhe des Turms: 3,10 Meter
- Gewicht der Kuppel: rund 100 Kilogramm
- Gesamtgewicht der Konstruktion: knapp 2 Tonnen
Text: Esther Acason | Fotos: Kay-Michael Thonack