Herr der Damaszener-Klingen
Florian Stockinger schmiedet schon mit elf Jahren im Garten seine ersten Messer. Mit 22 hat er den Meisterbrief, und heute, mit nicht mal 30, faltet er perfekte Damaszener-Klingen, aus bis zu 360 Lagen Stahl.
An der Werkstattwand hängen Hunderte Schleifbänder verschiedener Körnung. Die drei Meter lange Schleifmaschine surrt. Florian drückt die Klinge an das Schleifband mit 120er-Körnung. Funken spritzen, wenn Klinge und das rasende Band sich berühren. Staub schwebt in der Luft.
Schon im Grobschliff arbeitet der Schmied auf die richtige Keilform hin, auf den Winkel zwischen zwölf und 15 Grad. Immer wieder fährt er mit dem Daumen über die Klinge, erspürt den feinen Grat, der sich durch den Druck aufgeworfen hat. Dann dreht er das Messer und schleift die andere Seite. Stunden geht das so. „Am Ende ist das nicht mehr Millimeterarbeit, sondern Mikrometerarbeit.“ Wird das Messer beim Schleifen zu heiß, drohen Verfärbungen, die die ganze bisherige Arbeit wertlos machen. Die typischen Damast-Formen werden verwaschen. Das Messer wandert ins Fass des Misserfolgs. Höchste Konzentration also. Eine leicht falsche Bewegung, und es kommt zu Kapillarfehlern oder winzigsten Rissen.
Florian macht sich an den Griff. „Ich habe die besten Erfahrungen mit Mooreichenholz oder Ringed-Gidgee-Totholz aus der australischen Wüste“, sagt Florian und zeigt auf Holzblöcke in einem Nebenraum der Schmiede. „Wichtig ist, dass das Holz möglichst lange nicht in Kontakt mit Sauerstoff war. Am besten 500 Jahre und länger.“
Ist das Holz ausgewählt, bohrt Florian ein Loch in den Holzblock und passt die Klinge darin genau ein. Dann kann er den Griff in eine ergonomische Form schleifen. Endkappe drauf, noch mal nachschleifen und dann: mehrere Tage lang die Oberfläche mit Baumharz behandeln. Schließlich sind die Messer im Einsatz höchsten Belastungen ausgesetzt: Feuchtigkeit, Säuren, Licht, Temperaturschwankungen.
Dann wendet sich Florian noch mal der Klinge zu. „Metall ist ein unglaublich faszinierendes Material“, sagt Florian, während er an seiner Poliermaschine steht. „Es kann magnetisch sein oder nicht, flüssig oder fest, es kann rosten oder rostfrei sein. Es gibt Millionen mögliche Legierungen. Und Messer sind das älteste Werkzeug des Menschen.“ Er zeigt auf das Fass mit seinen missglückten Messern. „Metall verzeiht keinen Fehler, gerade das ist auch die Herausforderung. Aber arbeitet man fehlerfrei, hat man ein Messer, das ein Leben lang Freude bereitet – sogar über Generationen hinweg.
Text: Stefan Wagner | Fotos: Frank Bauer