Im Reich der lebendigen Maschinen
Ein Zoo ganz anderer Art: Gigantische Maschinentiere bevölkern die französische Île de Nantes. Ihre Konstrukteure nehmen die fiktiven Welten von Jules Verne als Vorbild, leben mal in der Realität, mal in der Fantasie – und gehen hier wie dort bis an die Grenzen des Machbaren.
Pierre Orefrice
Pierre Orefrice, ein grauhaariger Mittfünfziger und sein hager-sportlicher Kumpel François Delarozière sind die geistigen Väter des Giganten. Für die Außenhaut hat das Duo nur wertige, handwerklich bearbeitete Materialien verwendet, Holz, Leder, Stahl. Hinter dem nostalgisch wirkenden Design steckt modernste Technik: eine hochkomplexe Hydraulik, die die einzelnen Bewegungen ausführt. Kabel, Kolben und Schläuche, die zwischen den Spalten der Holzverkleidung aufblitzen.
Jules Verne
Der in Nantes geborene Schriftsteller Jules Verne (1828-1905) gilt als einer der Begründer der Science-Fiction-Literatur. Den Konstrukteuren des Maschinenzoos diente er als geistiger Ahnherr, vor allem folgende Werke beeinflussten die Zoodirektoren:
- „Das Dampfhaus“
- „20.000 Meilen unter dem Meer“
- „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“
- „Reise um die Erde in 80 Tagen“
- „Die geheimnisvolle Insel“
- „Von der Erde zum Mond“
Longma ist ein ehrgeiziger Entwicklungsschritt für die Compagnie, letztlich aber nur eine weitere Etappe auf dem Weg zu noch größeren Projekten. Die „größte Verrücktheit“, wie Pierre Orefrice sagt, soll 2021 fertig sein: ein 40 Meter hoher, begehbarer Baum aus Stahl, bepflanzt mit echten Bäumen, Farnen, Blumen, bewohnt von riesigen Maschinen-Spinnen, -Raupen und -Ameisen. Ganz oben, in Höhe der 50 Meter breiten Baumkrone, wollen die Konstrukteure dann zwei gigantische Maschinen-Reiher kreisen lassen, mit Platz für Passagiere unter den hölzernen Flügeln.
Pierre Orefrice
In den Büros von Pierre Orefrice und François Delarozière liegen noch jede Menge Skizzen, Vorlagen für viele weitere Kreaturen. „Nicht alles lässt sich verwirklichen“, sagt Orefrice und erzählt von seiner Idee, einen Adler über dem Gelände kreisen zu lassen – keine Drohne aus Plastik, sondern eine schwere Stahl- und Holzkonstruktion, aufgehängt an einem Kabel. „Da sind wir technisch an eine Grenze gestoßen. Aber genau darum geht es.“
Text: Olaf Tarmas | Fotos: Odile Hain