Jetzt oder nie: Catharina baut sich den Utsuri Table
Ein Möbelstück selber bauen? Hat unsere Autorin Catharina König noch nie gemacht. Sie knöpft sich den Utsuri Table aus der HORNBACH WERKSTÜCK Edition vor.
Einen Tisch werde ich also bauen. Und zwar nicht irgendeinen: Vier Seiten, vier Beine – das wäre ja leicht. Nein. Mein Tisch hat drei Tischplatten und viele spitze Winkel, es ist der Utsuri Table aus der HORNBACH WERKSTÜCK Edition. Utsuri? Ist japanisch und bedeutet in erster Linie „reflektierend“. Die neonfarbenen Unterseiten des Tisches sollen zum Schluss auf die Oberseite reflektieren. Ich bin gespannt – und fühle mich beim Bau meines ersten Möbelstücks etwas ins kalte Wasser geworfen: Zwei linke Hände habe ich zwar nicht, Erfahrungen im Möbelbau aber auch nicht. Nur genau darum geht es ja bei unserer Rubrik „Wir machen das mal“: ohne große Vorkenntnisse ein Projekt zu verwirklichen. Und irgendwann ist bekanntlich immer das erste Mal.
Als ich die Pläne sehe, wird mir kurz mulmig. So viele Winkel und Ecken. Zum Glück ist die Beschreibung sehr detailliert."
Catharina König
1. Das erste Mal an der Kreissäge – ruhige Hand ist gefragt
Zunächst drücke ich die Eckpunkte mit einem kleinen Nagel in die Platte, genau wie die Bohrlöcher. Die markiere ich noch mit einem Bleistiftkreis drum herum und der Bezeichnung, die auf dem Plan steht. Sicher ist sicher. Nun geht es an das Aufzeichnen der Tischform. Dazu verbinde ich mit dem Bleistift die Eckpunkte. Dann nehme ich die Stichsäge und schneide die Formen grob aus. So ist das genaue Aussägen mit der Kreissäge mit Führungsschiene leichter. Die Winkel, an die ich nicht rankomme, bearbeite ich anschließend noch mit der Japansäge. Vor der habe ich den größten Respekt. Wenn ich hier einmal verziehe, ist die Tischplatte hin und ich muss wieder von vorne anfangen. Doch alles geht glatt, im wahrsten Sinne des Wortes: Sehr viel schneller als gedacht habe ich alles ausgesägt. Ich bin erleichtert. Einmal durchatmen und weiter geht’s.
Da ich gerade beim Sägen bin, kürze ich auch die Tischbeine und Querstreben auf die angegebenen Längen. Mit einem Rundschleifer verjünge ich die oberen Enden der Tischbeine, damit sie später mit dem Holzleim in die Löcher an den Unterseiten der Tische passen.
2. Bohren, bohren, bohren
Nächster Punkt: Die Löcher für die Tischbeine in die Unterseite bohren. Ich habe Glück – in der Hamburger Coworking-Werkstatt bauer+planer, in der ich mich für ein paar Tage eingemietet habe, gibt es so gut wie alles. Sogar einen Bohrständer. Das erleichtert die Arbeit unheimlich. Ich markiere mit einem Tape 10 mm auf dem Bohrer und schon geht es los: Ich bohre zwei Löcher in Tisch 3 komplett durch, hier wird später je ein Tischbein von Tisch 1 und Tisch 2 durchgesteckt.
Klappt wunderbar. Ich bohre gleich noch Löcher in die Tischbeine für die Querstreben und die zwei Pins. Dank der Schablonen geht das Markieren Ruckzuck. Doch zu früh gefreut: Hier muss ich höllisch aufpassen, die Schablonen richtig anzulegen, sonst wird das zusammenstecken später zum Problem. Ganz wichtig: Die Tischbeinspitze muss rausgucken. Sitzt alles richtig? Ich kontrolliere nochmal alles – zum Glück: Eine Schablone liegt falsch herum, ich lege sie neu an. Jetzt passt es. Gerade noch rechtzeitig gemerkt. Jetzt muss ich noch die Löcher im rechten Winkel einbohren. Dank Bohrständer geht auch das fix.
3. Jetzt kommt Farbe drauf – die Geduldsprobe
Das seitliche Abkleben der Multiplexplatten ist nötig, um die Unterseiten sauber lackieren zu können. In die Bohrlöcher für die Tischbeine setze ich Verschnittstücke, damit keine Farbe eindringt und die Löcher verklebt. Ab jetzt ist Geduld gefragt. Die Grundierung muss gründlich durchtrocknen. Zeit für die Mittagspause. Gut gestärkt arbeite ich weiter: Es wird abgeschliffen, nochmal grundiert, getrocknet, abgeschliffen und erst dann mit Farblack gesprüht.
Bei diesem Arbeitsschritt passiert es dann, mein Missgeschick. Voller Euphorie greife ich zum Farblack: Nachdem ich Tisch 1 fertig eingesprüht habe und voller Stolz den Tisch betrachte, merke ich: Ich habe die Tische verwechselt und Tisch 1 gelb angesprüht, nicht orange. Mist. Nicht ganz anleitungskonform, aber ändern kann ich es nicht mehr. Und sieht trotzdem gut aus. Ist dann eben meine Variante.
Jetzt lasse ich alles über Nacht trocknen. Und plane dafür lieber mehr Zeit ein als zu wenig. Am nächsten überprüfe ich, ob alles gut getrocknet ist, dann schmirgele ich sanft die Kanten ab und löse das Klebeband, ohne dass die Farbe blättert. Ich bin erleichtert und baff: Der Farbeffekt ist jetzt schon stark: Die Neonfarben im Kontrast zur Platte machen schon ordentlich was her.
4. Passt alles? Wackelt nichts? Passen die Bohrlöcher?
Jetzt kommt die Feuerprobe: Passen alle Tischbeine und Querstangen in die Tische? Wackelt irgendwo was? Habe ich zu kurz oder zu lang gesägt? Die Spannung steigt. Nachdem ich alles mit Holzhammer und Leim zusammengesteckt habe, bin ich erleichtert – und stolz: Nichts kippelt. Jetzt noch das Finale: Seiten abkleben, um die Oberseite weiß anzumalen. Genau wie bei der Unterseite: Schleifen, Grundieren, Trocknen, Schleifen, Grundieren, Trocknen. Und Warten.
So kurz vor dem Ziel werde ich fast hippelig. Ich will wissen, wie alles fertig aussieht. Eine ganze Nacht muss die Grundierung trocknen. Dann endlich kann ich die erste Lackschicht auftragen. Dann das Unglaubliche: Im nahezu staubfreien Lackraum setzt sich eine Fruchtfliege auf die frische Farbe und bleibt kleben. Mir stehen die Haare zu Berge. Das kann doch echt nicht wahr sein! Vorsichtig entferne ich das Insekt, lebend. Puh, nochmal gut gegangen. Für alle Beteiligten. Ich atme tief durch. Jetzt muss alles nochmal gründlich durchtrocknen, bevor ich die zweite Lackschicht auftragen kann. Als auch diese aufgetragen und durchgetrocknet ist, schmirgel ich nochmal ganz sanft die Kanten an, damit mir an der Oberseite vom Tisch die Farbe nicht abblättert, wenn ich das Malerkrepp entferne. Um das Naturholz zu schützen, trage ich zum Abschluss noch eine Schicht Kunstharzlack auf die Seiten, die Tischbeine und Querstreben auf.
5. Der fertige Tisch – er steht!
Nach einer weiteren Nacht ist es endlich soweit: Ich stecke die drei fertigen Tische ineinander. Tisch 3 benötigt eine kleine Nachbehandlung, hier muss ich nochmal vorsichtig die Löcher abschmirgeln, damit die Tischbeine von 1 und 2 auch wirklich durchpassen.
Und dann ist es soweit: Ich betrachte den Tisch von allen Seiten. Schaue, ob alles passt. Und tatsächlich: Die neonfarbenen Unterseiten werfen bunte Schatten auf die weißen Oberseiten. So soll es sein.
„Steht“, bringe ich nur ehrfürchtig hervor und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Mein Tisch. Wird bestimmt nicht mein letztes selbst gebautes Möbelstück sein. Denn zum Selbermachen habe ich jetzt richtig Lust. Trotz Spraydilemma und Fruchtfliege.
Text: Catharina König | Fotos: Lucas Wahl
Selber machen
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