Jetzt oder nie: Sascha legt einen Gartenteich an
Ein Teich macht glücklich, da ist sich unser Autor sicher. Aber bevor er am Ufer entspannen kann, muss er erstmal mit Spaten, Schubkarre und seiner Muskelkraft anpacken – und Teile seines Gartens tiefer legen.
Ich habe einen Traum. Und jedes Jahr zur Ferienzeit geht er in Erfüllung – wenn auch nur für zwei, drei Wochen. Dann miete ich mir ein Häuschen am Meer oder am See. Dort setze ich mich in den Garten, lege die Füße hoch und blicke tagelang nur noch aufs Wasser. Ich schaue auf Möwen, Wellen, auf in der Brandung schaukelnde Boote. Bin wie hypnotisiert, herrlich entspannt, man könnte auch sagen: glücklich.
Gegen Ende meiner Ferien schlendere ich immer durch die Fußgängerzone meines Urlaubsziels, schaue dort betont lässig auf die Aushänge der örtlichen Maklerbüros. Bilder schnieker Häuschen, fotografiert bei strahlendem Sonnenschein, Gärten mit Rasen und Wassergrundstück inklusive. Vielleicht wird’s ja doch noch was mit der ganzjährigen Traumerfüllung? Meine Hoffnung ist von kurzer Dauer, sie stirbt mit einem verschämten Blick auf den Preis. Seeblick hin oder her: Wenn ich das hier verlangte Kleingeld verdienen müsste, wär’s mit meiner Entspannung leider für ewige Zeiten erledigt.
Der Weg zur ganzjährigen Traumerfüllung: den See selber anlegen.“
Sascha Borrée
Trotzdem, so geht’s doch nicht weiter. Irgendwas muss sich machen lassen, ohne unglaublich hohe Kosten. Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, geht der Prophet eben zum Berg, und wenn der See nicht zum Träumer kommt, muss der Träumer eben selbst Hand anlegen – und seinen eigenen See gleich dazu. Oder erstmal einen eigenen Teich, im eigenen Garten – wir wollen ja realistisch bleiben.
1. Den richtigen Standort finden
Zurück daheim schreite ich meinen Garten ab, suche nach einem geeigneten Standort, finde ihn gleich neben dem großen Walnussbaum. Der spendet Schatten, hilft also später, Algen in Schach zu halten. Ein paar Sonnenstunden pro Tag sollte man dem Teich aber doch gönnen – sechs sind ideal, erfahre ich im Zuge meiner YouTube-Recherche nach einer Gartenteichbau-Anleitung. Auch einen gewissen Mindestabstand zum Haus will ich einhalten: Vielleicht fühlen sich ja schon bald ein paar Frösche in meinem neuen Gartenteich zuhause. Wenn Kermit und seine Cousins dann zu einem ihrer berüchtigten nächtlichen Konzerte anstimmen, höre ich mir das lieber aus der Ferne an. Nur gut, dass der Walnussbaum ganz hinten an der Grundstücksecke, gleich an der Grenze zur Feldmark, steht.
2. Tiefer gelegt: Ausgrabungsarbeiten
Also, geht’s jetzt ans Ausgraben? Noch nicht, sagt YouTube. Mit einem Gartenschlauch stecke beziehungsweise lege ich erstmal die groben Konturen meines künftigen Teichs ab, trete ein paar Schritte zurück, klettere sogar in den Walnussbaum, um die Form auch von oben auf mich wirken zu lassen – zu rund, zu plump, so richtig überzeugt bin ich noch nicht. Ich springe vom Baum, biege die Silhouette rechts zu einer kühnen Kurve, korrigiere hier und da im Detail. Schon besser, wirkt viel natürlicher als vorher. Endlich steht der erste Spatentisch an. Ich habe Glück, treffe auf lockere, sandige Erde, habe schnell meine Schubkarre gefüllt. Schaufeln, schieben, Erde abladen – so geht das ein paar Stunden lang. Zu Beginn trage ich großflächig die Grasnarbe ab, dann nimmt der Teich langsam seine Form an. Ich dringe weiter in die Tiefe vor, modelliere von außen nach innen eine dreistufige Topographie: Sumpfzone, Flachwasserzone, Tiefwasserzone. Letztere soll später einen knappen Meter unter der Teichoberfläche liegen.
3. Gut ge-plant: Der Teich wird wasserdicht
Als die Grube fertig ist, inspiziere ich sie nur noch auf spitze Steine, schneide überstehende Wurzeln ab, entferne alles, was später die Teichplane perforieren könnte. Zusätzlichen Schutz bieten die Sandschicht und das Gartenvlies, mit denen ich die Grube verkleide. Erst zum Schluss folgt dann die Plane. Dicke: ein Millimeter, das sollte auch für tiefere Teiche reichen. Beim Kauf der Plane hatte mir vorher eine Faustregel geholfen, die richtige Größe zu ermitteln: Länge beziehungsweise Breite plus doppelte Teichtiefe plus 60 Zentimeter (für den Rand). Sicherheitshalber habe ich extra-großzügig kalkuliert, deshalb steht die Plane nun weit über. Macht nichts, kürzen kann ich nachher immer noch.
4. Den Teich volllaufen lassen und bepflanzen
Jetzt heißt es endlich: Wasser marsch! Und: abwarten. Geschätzte drei Meter lang und breit ist der Teich, fast einen Meter tief. Bis er vollläuft, braucht es einige Stunden. Ich setze währenddessen schon mal ein paar Pflanzen ein. Seerosen kommen in die Tiefwasserzone. Japanischer Schachtelhalm, Wasserschwertlilie und Sumpfvergissmeinnicht gehören in die Sumpf- oder Flachwasserzone. Allmählich füllt sich der Teich auch mit Wasser, dessen Gewicht glättet die gröbsten Falten in der Plane. Erst am Ende schneide ich deshalb die überstehenden Stellen ab. Schließlich gestalte ich das Ufer, dekoriere dabei den Rand der Plane mit Flusssteinen und -kieseln.
5. Im grünen Bereich: Schilf und andere Gewächse
War’s das? Fast. Irgendwie wirkt der Teich noch etwas karg. Kein Wunder, die Seerosen und ihre Schwestergewächse in der Sumpfzone sind schließlich frisch gepflanzt. Bis sie gedeihen und blühen, dauert’s bestimmte eine Weile. Wochen? Monate? So lange will ich nicht warten, mehr Grünzeug muss her, vielleicht sogar ein paar Tiere. Ich fahre zum nächsten Kiessee, grabe dort Schilfrohr aus, entdecke auch eine ganze Schar fingernagelgroßer Frosch-Babys, die am Ufer aufgeregt umher hüpft. Gerne würde ich welche mitnehmen, auf diese Weise die Besiedelung meines Teichs beschleunigen. Doch Frösche stehen unter Naturschutz, dürfen deshalb nicht einfach umgesiedelt werden. Ich lade also nur das Schilf ins Auto, setze es dann im Teich ein. Die Wurzeln stecke ich vorher noch in Vlies-Taschen – so kann sich das schnell wachsende Schilf nicht unkontrolliert über das ganze Gewässer ausbreiten.
Endlich ist es soweit: Ich kann meinen ganz privaten See- beziehungsweise Teichblick genießen. Noch ohne Frösche, dafür schön ruhig. Ich setze mich ans Ufer, schaue auf das Wasser, das sich jetzt sanft im Wind kräuselt. Beinahe hypnotisch wirkt so etwas, herrlich entspannend. Ich schließe meine Augen, lausche dem Rascheln der Walnussbaumblätter. Fast wie Meeresrauschen, finde ich.
Ich hatte einen Traum. Und habe ihn wahr werden lassen, mit nicht viel mehr als einem Spaten und einer Schubkarre. So einfach kann das manchmal sein.
Text: Sascha Borrée | Fotos: Lucas Wahl