Liebeserklärung an das Gaffa-Tape
Was hält die Welt? Klarer Fall – zumindest für Heimwerker: das Gaffa-Tape. 50 klebrige Meter voller Möglichkeiten. Was wären wir in unseren Werkstätten, Craft Spaces und Hobbykellern nur ohne den wichtigsten aller Alleskönner? Höchste Zeit für ein Loblied...
Tim Gutke
Gewebeband. Klingt profan, beschreibt aber das Geheimnis deines Erfolgs, deinen wichtigsten inneren Wert: Gewebe, das seine unglaubliche Stärke ausspielt, wenn man daran zieht. Das sich entlang der Fasern aber spielend leicht trennen lässt, nur mit den Fingern, ganz ohne Schere.
Das wahrlich Wunderbare an dir: Du zeigst uns, dass sich komplexe Probleme hin und wieder eben doch mit zwei Fingern lösen lassen. Ein Stück Tape von der Rolle abgezogen, abgerissen, aufgeklebt. Fertig. Das ist die Freiheit, nicht alles nach Vorgabe machen zu müssen. Die letzten Kartons vom Umzug passen nicht mehr in den Kofferraum? Aufs Dach damit und Tape drüber. Kühlwasserschlauch auf der Autobahn gerissen? Tape drüber. Lampe an die Wand und kein Bohrer zur Hand? Tape drüber. Cabriodach durchlöchert? Tape drüber.
Wer hat’s erfunden?
Gaffa hat viele Väter. Einer von ihnen ist der deutsche Apotheker Paul Carl Beiersdorf, der 1882 ein Patent zur „Herstellung gestrichener Pflaster“ anmeldete. Seine Kollege Oscar Troplowitz entwickelte das Pflaster zu Tesafilm und Leukoplast weiter.
1920 erfand der US-Amerikaner Earle Dickinson dann das Heftpflaster in seiner heutigen Form. Danach verliert sich die Spur – bis zum Zweiten Weltkrieg. Die US Army suchte ein günstiges, einfach zu handhabendes Material, um Munitionskisten so zu verschließen, dass keine Feuchtigkeit eindringen konnte. Also wandte sich die Armee an Johnson & Johnson, die Firma von Heftpflaster-Erfinder Dickinson.Der Arbeitsauftrag: ein bombenfestes, sofort einsatzfähiges, wasserdichtes, auch leicht wieder abziehbares Tape entwickeln.Ergebnis: das Duct-Tape. Ebenso patriotisch wie pflichtschuldig leistete der US-Bruder dann seinen Beitrag zum Sieg über Nazi-Deutschland.
Den größten Auftritt hatte er jedoch 1970, als es galt, das Leben von drei Astronauten der Apollo-13-Mission zu retten.Dazu dringend benötigt: ein Adapter, um den quadratischen Aufsatz des Sauerstoffreinigungssystems auf einer kreisrunden Öffnung zu befestigen.Lösung: Natürlich Gaffa-Tape!
Zahlen, Daten und Fakten
- Klebkraft: 9 N/25 mm
- Reißkraft: 50 N/cm
- Reißdehnung: 11 %
- Temperaturbeständigkeit: bis 60 °C, manche auch bis 125 °C
Text: Tim Gutke | Fotos: Mauritius