Liebeserklärung an den Frühling
Wer etwas erschaffen will, muss jetzt raus aus dem Winterschlaf. Die Zeit ist reif. Und die Natur – der größte Lehrmeister – macht es vor.
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Tim Gutke, 41, ist Autor und Meister der handwerklichen Selbstüberschätzung. Eigentlich kann er alles ein wenig. Manchmal ein wenig zu wenig. Das fällt immer dann auf, wenn Stehbolzen im Zylinderkopf abreißen oder Bäume in Gartenlauben krachen.
Erst jetzt, wo der Frühling, die Natur oder wer auch immer mich ruft, bin ich voll da. Die Sonne ist der Motor, der alles antreibt, Blätter sprießen lässt und die Kälte aus den Knochen, der Motivation und den Materialien treibt. Sie ist der Baumeister des Lebens und der Frühling seine Auftragsbestätigung. Willkommen, Lust am Schaffen. Ich schleppe alles mit einer fast schon vergessenen Energie raus aus der Wohnung an die frische Luft. Die Chromteile, die ich kurz vor dem Wintereinbruch abgeschraubt hatte, damit sie in der Küchenspüle für Tage einweichen können; den Werkzeugkoffer, der über Wochen ausgeweidet auf dem Flurboden lag, um von mir akribisch auf Vollständigkeit geprüft zu werden; und die geladenen Batterien, alles, was die letzten Monate aus unserer Wohnung eine Werkstatt machte. Und während ich im Taumel des Glücks aus meiner Höhle ins Freie stolpere, höre ich meine Freundin leise sagen: „Gott sei Dank, der Frühling ist da.“
Text: Tim Gutke | Aufmacherfoto: belovodchenko/GettyImages, Porträtfoto: Tim Gutke