Musik aus Fässern
Oba Lewis baut aus alten Ölfässern kunstvolle Trommeln. Steel Pans. Wir werfen ihm bei seiner Arbeit einen Blick über die Schulter.
Die Steel Pan, das ist das Nationalinstrument des Karibikstaats, und selbstverständlich kennt auch Oba die Geschichte ihrer Entstehung. „Wie auf den anderen Inseln zwischen Nord- und Südamerika hatten auch auf Trinidad Besatzer aus Europa lange Zeit das Leben bestimmt“, erzählt er. Weil sie das Land anglisieren wollten, verboten die britischen Kolonialherren der schwarzen Bevölkerung, Musik mit ihren afrikanischen Rhythmusinstrumenten zu machen. „Also musste Ersatz her: zunächst Cutter, mit denen auf Bambusrohren getrommelt wurde“, fährt der Pan-Bauer fort.
Oba Lewis
Als bei einem Karnevalsumzug im Jahr 1934 ein Musiker namens Victor Wilson seinen Cutter verlor und ihn im Trubel nicht schnell genug wiederfinden konnte, griff er zu einem Tablett aus Blech und trommelte darauf weiter. Nach den Feierlichkeiten setzten sich die Musiker zusammen und waren sich einig: Blech habe deutlich mehr Wums als Bambus, mehr Töne ließen sich damit erzeugen. „Fortan schlugen sie den Rhythmus auf Dosen oder Kanistern. Und schließlich auf Ölfässern“, erzählt Oba stolz. Von den Ölfässern standen auf Trinidad durch die Erdölindustrie mehr als genug herum, und man konnte – hatte man sie entsprechend bearbeitet – mit ihnen die größte Klangvielfalt erzeugen.
Als Oba die Pan mit dem Hammer in Form gebracht hat, nimmt er Stift und Lineal und zieht von Rand zu Rand Linien über den Mittelpunkt des Bodens. Anschließend markiert er mit einer Schablone Kreise um das Zentrum, sodass ein Gittermuster entsteht. In das Gitter zeichnet er einzelne Felder, die jeweils für einen Ton stehen, die klopft er dann in eine konvexe Form – das ist das Backing. Die Mulden sind unterschiedlich tief, abhängig vom Ton, den sie wiedergeben sollen.
Schritt drei: das Grooving – mit Stahlgriffel und Hammer trennt Oba die Felder voneinander, damit beim Anschlagen einer Note die Nachbarfelder nicht mitschwingen. Beim anschließenden Levelling greift er wieder zum Hammer und glättet die Unebenheiten. Beim Cutting, Schritt fünf, kürzt er die Pan. Er misst, zieht mit einem Nagel einen Ring um den Klangkörper und trennt den unteren Teil mit einer Elektrosäge ab. Je höher die Tonlage, desto kürzer die Pans: Tenor Pans werden auf 14 bis 18 Zentimeter gekürzt, Bass Pans behalten meist ihre Länge.
Jetzt geht es kurz heiß her mit dem Burning – für fünf bis zehn Minuten kommt die Pan über ein Holzfeuer –, dann folgt das Tempering: Mit einem Eimer Wasser wird sie abgelöscht, das hebt die Materialspannungen auf. Nach dem Vernickeln, Verchromen oder Lackieren folgt der schwierigste Schritt: das Tuning, das Stimmen. Oba schlägt Töne an, hämmert vorsichtig, schlägt wieder an – er ist schon so lange dabei, dass er sich auf seine Ohren verlassen kann.
Geschafft. Es ist Mittagszeit. Oba ist zufrieden: „Es ist jedes Mal wieder ein schönes Gefühl, eine fertige Steel Pan vor mir stehen zu haben.“ Für wen er das Instrument gerade gebaut hat, will er nicht verraten. Aber es wird ihm 1000 US-Dollar einbringen. Das mag nach viel klingen, doch reich wird er vom Steel-Pan-Bau nicht. Dafür kommen die Anfragen zu unregelmäßig rein. Aber gerade läuft es gut: Nach der Mittagspause wartet schon sein nächster Auftrag auf ihn.
Text: Alf Burchardt | Fotos: Bernd Jonkmanns
Selber bauen?
Für diejenigen, die sich selbst daran versuchen wollen, eine Steel Drum zu bauen, veröffentlichte der US-Folksänger Pete Seeger 1964 ein Buch mit dem Titel „Steel Drums How To Make And Play Them“, das nur noch gebraucht erworben werden kann.