Der Karibikstaat Trinidad & Tobago hat ein außergewöhnliches Nationalinstrument: die Steel Pan. Mit dem Hammer werden Ölfässer so bearbeitet, dass sie bis zu 32 Töne hervorbringen können. Oba Lewis ist einer von denen, die wissen, wie das geht. Ein Besuch im Panyard, in dem die Pans hergestellt und gelagert werden.

Pfanne oder Trommel, Pan oder Drum? Wie heißt das Nationalinstrument des Karibikstaats Trinidad & Tobago denn jetzt wirklich? Oba Lewis schmunzelt. Diese Frage hört er öfter. „Auf Trinidad sagen wir Steel Pan.“ Vor dem Körper des 35-Jährigen hängt eine große gelbe Plastikschürze, die Lärmschützer hat er für das Gespräch so hoch geschoben, dass sein Kopf eine Silhouette hat wie Mickey Mouse. Seit 14 Jahren fertigt Oba aus alten Ölfässern Trommeln, in einem „Panyard“ in Curepe, einem Vorort im Osten der Hauptstadt Port of Spain. Gelernt hat er das Handwerk von anderen Steel-Pan-Bauern. So ist das auf Trinidad: Traditionen werden von Generation zu Generation weitergegeben. Momentan kann man die Steel-Pan-Bauer auf Trinidad noch an einer Hand abzählen. Anders in der Hauptsaison, zwischen November und Februar. Dann gibt es von ihnen rund 25.

Oba holt ein Fass aus dem Lager, in acht Arbeitsschritten und einem halben Tag macht er daraus eine Steel Pan. Er stellt das Fass mit dem Boden nach oben vor sich hin, zieht sich den Schallschutz über die Ohren und beginnt zu hämmern.

Vom ehemaligen Ölfass, von denen es in Karibikstaat Trinidad & Tobago viele gibt, bis zum kunstvollen und kraftvollen Musikinstrument namens Steel Pan sind es insgesamt acht Arbeitsschritte
Vom Ölfass zum Musikinstrument – ein langer Weg

Die Steel Pan, das ist das Nationalinstrument des Karibikstaats, und selbstverständlich kennt auch Oba die Geschichte ihrer Entstehung. „Wie auf den anderen Inseln zwischen Nord- und Südamerika hatten auch auf Trinidad Besatzer aus Europa lange Zeit das Leben bestimmt“, erzählt er. Weil sie das Land anglisieren wollten, verboten die britischen Kolonialherren der schwarzen Bevölkerung, Musik mit ihren afrikanischen Rhythmusinstrumenten zu machen. „Also musste Ersatz her: zunächst Cutter, mit denen auf Bambusrohren getrommelt wurde“, fährt der Pan-Bauer fort.

Oba Lewis

Als bei einem Karnevalsumzug im Jahr 1934 ein Musiker namens Victor Wilson seinen Cutter verlor und ihn im Trubel nicht schnell genug wiederfinden konnte, griff er zu einem Tablett aus Blech und trommelte darauf weiter. Nach den Feierlichkeiten setzten sich die Musiker zusammen und waren sich einig: Blech habe deutlich mehr Wums als Bambus, mehr Töne ließen sich damit erzeugen. „Fortan schlugen sie den Rhythmus auf Dosen oder Kanistern. Und schließlich auf Ölfässern“, erzählt Oba stolz. Von den Ölfässern standen auf Trinidad durch die Erdölindustrie mehr als genug herum, und man konnte – hatte man sie entsprechend bearbeitet – mit ihnen die größte Klangvielfalt erzeugen.

Genug geschwafelt. Jetzt wird angepackt. Oba will sich auf den Bau seiner Steel Pan konzentrieren und wird zunehmend ruhiger. Der erste Arbeitsschritt auf dem Weg vom Fass zur Steel Pan sei das Sinking, berichtet er noch knapp: Mit kurzen Schlägen klopft er den Boden in eine konkave Form. „Pan ist nicht gleich Pan“, sagt Oba wortkarg, er schlägt gerade auf eine spätere Bass Pan ein.

Was der Urlauber vielleicht nur als ein Stück Folklore empfindet, ist ein verblüffend vielseitiges Instrument. Ein Ensemble wie das National Steel Symphonic Orchestra aus Port of Spain kann eine Vielfalt an Tönen erzeugen wie ein klassisches Orchester, dazu verwendet es sechs verschiedene Arten von Pans: von der Bass Pan, wie Oba gerade eine baut, die über fünf bis sieben Töne verfügt, bis zur Tenor Pan mit 26 bis 32 Tönen. Die Bass Pans sorgen für den Rhythmus, Tenor Pans für die Melodie.

Ein Ensemble wie das National Steel Symphonic Orchestra aus Port Of Spain verwendet sechs verschiedene Arten von Pans und erzeugt dadurch eine Vielfalt an Tönen
Eine Vielfalt an Tönen, erzeugt vom National Steel Symphonic Orchestra

Als Oba die Pan mit dem Hammer in Form gebracht hat, nimmt er Stift und Lineal und zieht von Rand zu Rand Linien über den Mittelpunkt des Bodens. Anschließend markiert er mit einer Schablone Kreise um das Zentrum, sodass ein Gittermuster entsteht. In das Gitter zeichnet er einzelne Felder, die jeweils für einen Ton stehen, die klopft er dann in eine konvexe Form – das ist das Backing. Die Mulden sind unterschiedlich tief, abhängig vom Ton, den sie wiedergeben sollen.

Schritt drei: das Grooving – mit Stahlgriffel und Hammer trennt Oba die Felder voneinander, damit beim Anschlagen einer Note die Nachbarfelder nicht mitschwingen. Beim anschließenden Levelling greift er wieder zum Hammer und glättet die Unebenheiten. Beim Cutting, Schritt fünf, kürzt er die Pan. Er misst, zieht mit einem Nagel einen Ring um den Klangkörper und trennt den unteren Teil mit einer Elektrosäge ab. Je höher die Tonlage, desto kürzer die Pans: Tenor Pans werden auf 14 bis 18 Zentimeter gekürzt, Bass Pans behalten meist ihre Länge.
Jetzt geht es kurz heiß her mit dem Burning – für fünf bis zehn Minuten kommt die Pan über ein Holzfeuer –, dann folgt das Tempering: Mit einem Eimer Wasser wird sie abgelöscht, das hebt die Materialspannungen auf. Nach dem Vernickeln, Verchromen oder Lackieren folgt der schwierigste Schritt: das Tuning, das Stimmen. Oba schlägt Töne an, hämmert vorsichtig, schlägt wieder an – er ist schon so lange dabei, dass er sich auf seine Ohren verlassen kann.

Geschafft. Es ist Mittagszeit. Oba ist zufrieden: „Es ist jedes Mal wieder ein schönes Gefühl, eine fertige Steel Pan vor mir stehen zu haben.“ Für wen er das Instrument gerade gebaut hat, will er nicht verraten. Aber es wird ihm 1000 US-Dollar einbringen. Das mag nach viel klingen, doch reich wird er vom Steel-Pan-Bau nicht. Dafür kommen die Anfragen zu unregelmäßig rein. Aber gerade läuft es gut: Nach der Mittagspause wartet schon sein nächster Auftrag auf ihn.

Text: Alf Burchardt | Fotos: Bernd Jonkmanns