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Arbeitgeber, die unbeweglich an lang gehegten Regeln festhalten, wurden in den USA stark von jener Kündigungswelle getroffen, die weltweit unter dem Schlagwort „The Great Resignation“ bekannt ist. Bei HORNBACH wiederum sind in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Initiativen entstanden, die neue und flexiblere Formen der Arbeit erproben und ermöglichen. Ein Einblick.

„Jeder hier muss mindestens 40 Stunden in der Woche im Büro verbringen. Wenn jemand nicht erscheint, müssen wir davon ausgehen, dass diese Person das Unternehmen verlassen hat", schreibt Elon Musk im Juni 2022 in einer E-Mail an die Mitarbeiter des Tesla-Konzerns. Auch andere Unternehmen sind nach zwei Jahren Pandemie mit viel Arbeit im Homeoffice dazu übergegangen, ihre Mitarbeiter strikt ins Büro zurück zu beordern. Katharina Schenk kann da nur irritiert den Kopf schütteln. Seit vielen Jahren begleitet sie Unternehmen und Teams in Veränderungs- und Entwicklungsprozessen. Zu HORNBACH kam sie Anfang 2021, inmitten der Corona-Pandemie und des harten Lockdowns. Ihr Onboarding fand nahezu komplett virtuell statt. Schätzungsweise 90 Prozent der rund 1.800 Kollegen am Standort der HORNBACH-Zentrale in Bornheim arbeiteten damals im mobilen Arbeiten. Auch eineinhalb Jahre später nutzen viele diese Option.

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Katharina Schenk ist sich sicher: „Das altbekannte Büro hat weitgehend ausgedient.“

„Ich als Mensch wähle heute bewusst den Ort, an dem ich meiner Arbeit optimal nachgehen und die bestmöglichen Ergebnisse erzielen kann“, sagt Katharina Schenk. Es ist ein Satz, der auch als Leitgedanke über dem Projekt „Flexify“ stehen könnte, das sie und einige Kolleginnen aus dem Technologie-Bereich seit einem guten Jahr vorantreiben. Im Kern geht es dabei um die Frage, was Menschen und Teams benötigen, um in einer flexiblen, hybriden Arbeitswelt – für die sich eine überwältigende Mehrheit der Tech-Kollegen in einer ersten Befragung 2021 ausgesprochen hatte – gesund und produktiv arbeiten zu können. Und was bedeutet das für den Raum, den der Arbeitgeber zur Verfügung stellt? „Das altbekannte Büro hat weitgehend ausgedient“, sagt Katharina Schenk. „Wir brauchen heute eine Art Multi-Space, der einer neuen Meeting-Kultur und veränderten Anforderungen an die Zusammenarbeit gerecht wird.“

Ein Besuch in Gebäude 4 der Zentralverwaltung vermittelt einen Eindruck, wie solch ein Multi-Space aussehen könnte. Die gesamte erste Etage wurde Ende 2021 umgebaut – in Eigenregie und nahezu komplett mit Material aus dem Baumarkt nebenan. „Wir arbeiten hier ja nicht bei einer Bank oder einem Versicherungskonzern“, sagt Kathrin Matic vom Projektteam mit Blick auf die Stahlträger der Regale, die Sperrholzplatten auf den Besprechungstischen, eine Lounge aus Gartenmöbeln und die zahlreichen Transportrollen unter vielen Einrichtungsgegenständen. „Der DIY-Charakter passt zu uns, ist kostengünstig und ermöglicht vor allem einen flexiblen Umbau der Fläche, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Teams gerecht zu werden.“ Einziger Wermutstropfen: Die Stromanschlüsse für die Notebooks und die großen Bildschirme lassen sich nicht so ohne Weiteres verlegen. Wer also Gäste oder Kollegen aus dem mobilen Arbeiten zu einem Präsenzmeeting dazuschalten möchte, muss entweder die vorhandenen Plätze nutzen oder spontan zum Verlängerungskabel greifen.

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Die komplett mit Material aus dem HORNBACH-Markt gebaute Flexify- Fläche.

Zu den Power-Usern der neuen Flexify-Fläche zählt Ronny Wörl, der seit 2015 im Bereich Kunden-Technologie für HORNBACH arbeitet und seit diesem Jahr ein Team aus sechs Kollegen und sieben externen Mitarbeitern führt. Gerade für die internen Meetings hat er in den vergangenen Wochen regelmäßig die neuen Räumlichkeiten genutzt: „In Präsenz sieht man sich einfach besser, nimmt auch kleine Regungen wahr, das sogenannte Fragezeichen auf der Stirn zum Beispiel. Und natürlich kann man die Zeit vor und nach den Besprechungen für den allgemeinen Austausch nutzen, am Kaffeeautomaten oder auch in der Loungeecke. Die Herausforderung besteht dann darin, diejenigen, die sich zuschalten, genauso gut einzubinden und mitzunehmen.“ Immerhin: Die technischen Voraussetzungen sind da: Alle Projekt- und Workshopräume sind auf ein hybrides Setting ausgelegt.

Ronny Wörl selbst arbeitet seit Anfang des Jahres wieder regelmäßig im Büro, nutzt dafür auch die neuen Wechselarbeitsplätze auf der anderen Seite des Flurs. „Zuhause wird das Arbeitszimmer oft von meiner Freundin beansprucht. Hier wiederum gibt es zwar keine fest zugeordneten Plätze mehr, aber bisher habe ich noch immer einen freien Schreibtisch gefunden.“ Und wie steht es um die persönlichen Sachen? Die werden am Ende des Arbeitstages wieder mit nach Hause genommen, können aber auch in einer der rustikalen Obstkisten verstaut werden, die jeder Kollege mit einem Namensschild versehen kann.

In den vergangenen Wochen ist das Interesse am Flexify-Projekt stetig gestiegen, viele Möglichkeiten in den neuen Räumen wurden immer stärker genutzt. Mit einer Ausnahme: Der Fokusraum, ein separater Trakt für das stille Arbeiten ohne Telefon und Videokonferenz, steht meistens leer.

Katharina Schenk

In den kommenden Monaten will sich das Projektteam nun stärker mit Möglichkeiten und Techniken des fokussierten Arbeitens befassen. Angebote rund um digitale Fitness, gesundes Arbeiten und hybride Zusammenarbeit stehen auf der Agenda.

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In der Lounge-Ecke kann man entspannt Präsentation in Videokonferenzen beiwohnen, findet Ronny Wörl.

Ein anderes Thema steht aktuell in vielen HORNBACH-Märkten hoch im Kurs: die Tauschbörse in der Personaleinsatzplanungs-Software von ATOSS. Seit einigen Monaten bietet sie den Mitarbeitern an zahlreichen Standorten mehr Flexibilität und Möglichkeiten zur optimalen Verknüpfung von beruflichen und privaten Interessen. Ihren Ursprung hat sie im KundenServiceCenter (KSC) von HORNBACH. Hier arbeiten die rund 290 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwischen 7 und 19 Uhr in einem Drei-Schicht-System und nutzen bereits seit einigen Jahren die Möglichkeit, über die digitale Zeiterfassung schnell und einfach Schichten oder auch komplette Tage untereinander zu tauschen.

„Eine super Sache“, findet Florian Stuppy, dessen Team unter anderem für die Einsatzplanung im KSC zuständig ist. Eine wichtige Aufgabe des Teams ist es, eine Einschätzung zu treffen, wie hoch die Zahl der Anrufe und E-Mails von Kunden in den nächsten vier Wochen ausfallen wird und zu ermitteln, wie viele Kollegen dementsprechend zu den jeweiligen Zeiten im Dienst sein sollten. Frühzeitig geäußerte Urlaubswünsche werden dabei berücksichtigt, aber es gibt immer wieder auch kurzfristige Ereignisse, die zum Hindernis werden: ein Trauerfall im Freundeskreis oder ein wichtiger Termin bei einer Behörde etwa.

Florian Stuppy

„Die Handhabung ist wirklich sehr einfach“, bestätigt Sergej Kaiser. Er ist Teil eines neunköpfigen KSC-Teams, das Kunden telefonisch und digital ausführlich zu Werkzeugen, Maschinen, Eisenwaren und Elektroinstallationen berät. Innerhalb dieses Expertenteams kann jeder jeden vertreten und entsprechend untereinander Schichten tauschen: „Ich habe zwei kleine Kinder, die ich morgens bis zum Start des Schulunterrichts gegen 8 Uhr betreue. In Ferienzeiten sind Frühschichten ab 7 Uhr für mich kein Problem, aber während der Schulwochen tausche ich regelmäßig den Dienst mit einem meiner acht Kollegen. Und da findet sich immer jemand, der gerne in die Frühschicht wechseln möchte.“ Und was passiert, wenn der Tausch nicht zustande kommt oder zu kurzfristig eingetragen wird? „Dann können wir Mitarbeiter direkt die Führungskraft ansprechen. In wichtigen Fällen, beispielsweise einem kurzfristigen Arzttermin für das Kind, findet diese immer eine Lösung.“

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Florian Stuppys Team ist unter anderem für die Einsatzplanung in HORNBACHs Kundenservice zuständig.

Und wenn es einmal nicht um einen kurzfristigen Tausch geht, sondern um mittel- oder gar langfristige Änderungswünsche? Wenn beispielsweise eine starre Fünf-Tage-Woche und die sogenannte Sollarbeitszeit zwischen 37,5 und 40 Stunden zeitweise oder auch dauerhaft nicht mehr zur individuellen Lebenssituation passen? „Wer engagierte Mitarbeiter initial und dauerhaft für das Unternehmen gewinnen will, muss auch die passenden Rahmenbedingungen schaffen und bereit sein, aus der Zeit gefallene Regeln zu hinterfragen, die jahrzehntelang gültig gewesen sind. Die Lebenssituation der Menschen ist einfach höchst unterschiedlich“, sagt Jochen Braun, Mitglied der Geschäftsleitung der HORNBACH Baumarkt AG in Deutschland und unter anderem verantwortlich für den Bereich HR.

Dazu können die Mitarbeiter nun mit ihrer jeweiligen Führungskraft eine „Arbeitszeit nach Maß“ vereinbaren. An dem gleichnamigen Pilotprojekt haben in den vergangenen Monaten rund 330 Kollegen aus insgesamt 15 Märkten und einem Logistikzentrum in Deutschland teilgenommen. Sie konnten – in Rücksprache mit ihrer Führungskraft – über fünf verschiedene Bausteine ihre Arbeitszeit für einen frei gewählten Zeitraum reduzieren oder aufstocken. Reinhard Wätjen aus dem HORNBACH-Markt in der Bremer Neustadt hat sich für die erste Option entschieden. Er arbeitet seit 27 Jahren im Unternehmen, engagiert sich darüber hinaus im Betriebsrat und hat nun die letzte Lohnerhöhung eingesetzt, um wöchentlich eine Stunde weniger zu arbeiten. Außerdem hat er einen Teil seines Weihnachtsgeldes in zusätzliche Urlaubstage umgewandelt. „Das ist für mich schon eine Vorbereitung auf die kommende Rente“, lacht der 58-jährige Fachberater aus der Sanitärabteilung. „Außerdem will ich 2023 einen Trainerschein für fitnessorientierten Kampfsport machen und dafür braucht man halt auch ein bisschen Zeit.“

Vom Ruhestand ist Stephan Rummel noch weit entfernt. Dennoch hat auch er sich für eine Reduzierung seiner Arbeitszeit entschieden – auf 36 Stunden, verteilt auf vier Tage. „Ich spare mir dadurch zwei Autofahrten pro Woche, was angesichts der aktuellen Entwicklung der Spritpreise ein echter Vorteil ist“, freut sich der Verkäufer aus der Baustoffabteilung des HORNBACH-Marktes in Halle an der Saale. „Außerdem habe ich mehr Zeit für die Familie und für die Renovierungsarbeiten an unserem Haus. Da gibt es nämlich einiges zu tun.“

Arbeiten am eigenen Haus muss Carola Öhmke nicht. Dafür hat sich die Erstkassiererin des Magdeburger Marktes dieses Jahr einen schönen Urlaub und ein neues Auto gegönnt. „Da kam das Modell ‚Arbeitszeit nach Maß‘ für mich genau richtig. Ich habe meine wöchentliche Zeit für den Zeitraum von sechs Monaten aufgestockt auf 40 Stunden und verdiene dadurch auch entsprechend mehr Geld. Die Flexibilität, die das Unternehmen und ich durch dieses Modell haben, finde ich einfach super.“ Ihr Chef, Marko Senz, kann da nur zustimmend nicken. „Ich habe schon den Eindruck, dass es die Verbundenheit der Mitarbeiter mit dem Unternehmen stärkt. Außerdem habe ich gemerkt, dass dieses Thema in Vorstellungsgesprächen mit Bewerbern ein richtig starkes Argument ist“, berichtet der Marktmanager. Bei all der Euphorie ist ihm aber eine Botschaft sehr wichtig: „Nicht jeder Wunsch kann erfüllt werden, denn der Betrieb muss laufen. Die Einsatzpläne müssen einfach passen zu unserem Ziel, genau dann für die Kunden da zu sein, wenn sie uns brauchen. Durch abteilungsübergreifendes Arbeiten können wir einiges ausgleichen und viele Wünsche ermöglichen, aber manchmal gibt es auch Zeiten, in denen eine Veränderung der Arbeitszeit nicht möglich ist.“

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Unterm Strich hat das Pilotprojekt die Teilnehmenden und auch die Unternehmensführung so sehr überzeugt, dass es bereits wenige Monate nach dem Start in ganz Deutschland ausgerollt werden soll. Zum Herbst 2022 haben die rund 12‘000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den 96 Märkten, an den Logistikstandorten und in der Verwaltung die Möglichkeit, eine „Arbeitszeit nach Maß“ zu wählen. Das gilt ausdrücklich auch für Führungskräfte.

„Wir sehen darin die große Chance, Menschen für das Unternehmen und für eine weitere Karriere zu gewinnen, die sich davon bislang ausgeschlossen wähnten, weil sie nicht in Vollzeit arbeiten wollten oder konnten. Das betrifft nicht nur Mütter und Väter, sondern auch Menschen, die sich ganz einfach mehr Freizeit wünschen und dennoch im Job viel Verantwortung übernehmen wollen.“, sagt Karsten Kühn, der im Vorstand der HORNBACH Baumarkt AG unter anderem den Bereich MitarbeiterInnen verantwortet.

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„Mit einem gut eingespielten Team läuft das“, sagt Josipa Mrnjavac mit Nachdruck. Heute ist die Abteilungsleiterin im HORNBACH-Markt in Bad Fischau wieder in Vollzeit tätig, also zu den in Österreich üblichen 38,5 Stunden, mit denen sie auch 2003 begonnen hatte. Doch zwischenzeitlich hatte sie beruflich deutlich kürzer getreten: „Nach der Schwangerschaft war ich erstmal zu Hause, danach 20 Stunden im Markt, als Verkäuferin in meinem alten Warenbereich. Mir war es einfach wichtig, für mein Kind da zu sein.“ Vor einigen Jahren erhöhte sie dann auf 30 Stunden und erhielt das Angebot, wieder als Abteilungsleiterin zu arbeiten – in Teilzeit. „Das Vertrauen, das mir dabei entgegengebracht wurde, schätze ich sehr. Jetzt ist mein Kind im besten Teenageralter und braucht nicht mehr ganz so viel Aufmerksamkeit. So konnte ich wieder in die Vollzeit zurückkehren.“

Es sind solche Beispiele und die dahinter stehenden Maßnahmen, die dazu beigetragen haben, dass HORNBACH in der Alpenrepublik vor Kurzem die offizielle staatliche Auszeichnung als „familienfreundlicher Arbeitgeber“ erhalten hat. „Und dieses Siegel passt ganz hervorragend zu uns, schließlich sind wir ein familiengeführtes Unternehmen“, sagt Christa Höchstätter, HORNBACHs Personalleiterin in Österreich. Nach intensiven Workshops mit Mitarbeitern und Führungskräften wurden Maßnahmen abgeleitet, die in den nächsten Jahren Schritt für Schritt umgesetzt werden sollen: etwa flexible Arbeitszeitmodelle inklusive einer Möglichkeit zum kurzfristigen Tausch in ATOSS, Teilzeit- und sogenannte Tandem-Modelle auch für Führungspositionen, Optionen für Auszeiten, attraktive Zusatzleistungen und eine moderne Kommunikationskultur.

Christa Höchstätter

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